Deutsche Außenseiter deklassieren Olympia-Mannschaft

9. AIEK Karate-Cup in der Kopernikus-Halle: Deutschland schlägt Italien und England / Gegen sieben Olympioniken: Uwe Cain bester Kämpfer des Turniers

Ein typischer Kata-Ablauf – Alexandro Garone (r.) ersetzt hier zur Verdeutlichung den imaginären Gegner. Garones Fauststoß zur Brust weicht Luca Colli aus, ...
...blockt den Arm seines Gegners und hält ihn fest, während er gleichzeitig einen Fußtritt zum Kopf als Kontertechnik ansetzt.
Der Tritt des Mannschaftsweltmeisters trifft seinen Teamkollegen Garone am Kinn. Im Wettkampf würde der gesamte Ablauf ohne Gegner dargestellt und bewertet.
Klassische Kumite-Szene: Im simulierten Kampf wird der Tritt des Angreifers (rot) abgefangen, die Faust des Abwehrenden (blau) setzt zum Konter an.
Die Deutsche Kumite-Meisterin Heike Schulz (re.) blockt ihre Gegnerin ab.

Von Sebastian Koch

 

RHEINE. Das Bein von Heike Schulz schnellt aus der Drehung hoch, der Fuß zuckt  zur Brust ihrer Gegnerin. Der Tritt prallt gegen den Blockarm, dann fliegen die Fäuste der beiden Frauen blitzschnell, bis schließlich Schulz’ Gegenüber im Zurückweichen stolpert.

Schulz setzt nach, blockt zwei Tritte der am Boden liegenden Frau ab, holt aus und – stoppt ihre Faust, berührt nur mit einem kurzen Stupser das Gesicht ihres „Opfers“. Denn im Grunde haben die beiden Frauen kein Problem miteinander – abgesehen davon, dass sie sich beim 9. AIEK Karate Cup, einem internationalen Freundschafts-Wettkampf, im „Kumite“ gegenüberstehen. Kumite ist eine der Wettkampfformen im Karate-Sport, der „reale“ Kampf gegen einen echten Gegner. Mit einem Unterschied. „Kumite  ist kein Straßenkampf“, betont Schulz. Die Kämpferin des TuS St. Arnold ist Deutsche Kumite-Meisterin in ihrer Klasse. Dabei geht es zwar zur Sache, aber nicht absichtlich. Wirkungstreffer sind  verboten, wer den Gegner absichtlich voll erwischt, wird disqualifiziert.

Allerdings: Den einen oder anderen Schlag kassiert man trotzdem. „Im Leistungsbereich treffen die schon richtig heftig“, gibt Heike Schulz zu und verzieht das Gesicht: „Vor zwei Wochen hab ich einen aufs Kinn bekommen. Im Wettkampf merkt man das nicht, aber am nächsten Tag denkt man, man sei tot.“ Tatsächlich liegt das Verletzungsrisiko in diesem Kampfsport aber noch hinter  Tischtennis – es geht um Kontrolle, um Technik-Beherrschung und Präzision. Nur dafür gibt es Punkte.

„Zuschlagen kann jeder“, winkt Ausrichter Ludger Möller von der Sportschule

Yuishinkan Rheine ab. „Aber den Gegner mit gezielten Techniken unter Druck zu setzen, dazu braucht man Karate.“ Heike Schulz jedenfalls schien das Prinzip verstanden zu haben: Im Kampf mit der italienischen Damen-Nationalmannschaft holte sie sich schließlich Bronze.

Noch kontrollbetonter ist der Bereich „Kata“. Die Kata ist eine Reihe von festgelegten Kampftechniken, die den Kampf gegen einen imaginären Gegner symbolisieren. Hier muss nicht auf einen Gegner reagiert werden – stattdessen kommt es auf die Richtung im Raum, Atmung und die Ausführung der Schläge, Tritte und Blocks an. Eine Kampf-Choreographie gewissermaßen.

Der AEK-Cup, zum dritten Mal in Deutschland und zum zweiten Mal in Rheine, hatte in der Kata ganz besondere Gäste: Die italienische Kata-Nationalmannschaft,  amtierende Kata-Weltmeister. „Das Leistungsniveau des Wettkampfs ist in den letzten Jahren stark gestiegen“, freute sich Ludger Möller. „Damit wird das Turnier auch interessanter für die starken Leute.“

Die wirklich starken Leute kamen am Samstag aber aus der Sportschule Yuishinkan. Die deutschen Kämpfer besiegten mit einer herausragenden Leistung die Mannschaften aus England und Italien – darunter eben auch das Nationalteam. Auch der stärkste Kämpfer des Turniers kam nicht aus den Reihen der italienischen Olympiateilnehmer, sondern aus Rheine: Yuishinkan-Kämpfer Uwe Cain besiegte gleich sieben Olympioniken und wurde zum besten Kämpfer des Turniers gekürt. „Fast wie bei der Fußball-WM, Euphorie pur", war Ludger Möller nicht zu bremsen. Dazu trug nicht zuletzt auch das sensationelle Ergebnis der Endabrechnung bei: Mit 26 goldenen, 19 silbernen und 13 bronzenen Medaillen wurde das deutsche Team nicht nur Sieger im Länderpokal, sondern deklassierte die Gäste aus Italien förmlich, die weit abgeschlagen auf Rang zwei und drei landeten.

Auch mit der Resonanz des Cups waren die Ausrichter hochzufrieden. Mit über 100 Kämpfern und 500 Starts verzeichnete Möller, der das Turnier zum dritten Mal ausrichtete, eine stetig positive Entwicklung des AIEK-Cups. Auch wenn nur drei Nationen des Freundschaftsverbandes – Italien, England und Deutschland – den Weg nach Rheine fanden: Stimmung und Atmosphäre hätten nicht viel besser sein können.

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